Eine Zeitreise ins spätantike Trier
Zu Beginn unseres Studienstarts am CICS, im Wintersemester 2021/22, waren wir Erstsemester in der Studienrichtung Textilien und archäologische Fasern mit Frau Dr. Reifarth und unseren „älteren“ BA- und MA-KommilitonInnen auf Exkursion in der antiken Metropole Trier.
Bilder der Exkursion
Die spätantike Grabanlage unter St. Maximin in Trier. Reste von Säulenbasen mit Marmorimitat bezeugen den einst prächtigen Bestattungsbau. (Bild: TH Köln - CICS - Lisa Froitzheim, Larissa Hollmann)
In die Grabbasilika sind kleinere Gruftanlagen wohlhabender Familien integriert (links im Bild). In vielen Bereichen stehen mehrere Sarkophage übereinander (rechts im Bild). (Bild: TH Köln - CICS - Lisa Froitzheim)
Die Porta Nigra - Wahrzeichen und ehemaliges Stadttor der antiken Metropole. (Bild: TH Köln - CICS - Larissa Hollmann)
Spuren der Zeit: Quader aus Kordeler Sandstein an der Porta Nigra - dank der jüngsten Restaurierung nun ohne schwarze Verwitterungskruste. (Bild: TH Köln - CICS - Larissa Hollmann)
Zum Glück ist die Porta trotz Regen so gut besucht, dass wir schnell einen kleinen Fotografen für ein Erinnerungsbild finden! (Bild: Stefan, auf Klassenfahrt in Trier)
Die Grabbasilika unter St. Maximin
Außerhalb der römischen Stadtmauern (extra muros) haben die antiken Trierer ihre Toten bestattet. Auf dem nördlichen Gräberfeld, heute ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs, entwickelte sich im 4. Jahrhundert aus kleineren Grabtempeln eine riesige Grabbasilika zur Bestattung der Eliten am Trierer Kaiserhof. Dort wurde wohl auch der später heiliggesprochene Bischof Maximinus (+346) bestattet und verehrt. Aus seiner Grablege ging eine im 6. Jahrhundert gegründete Benediktinerabtei, später die Reichsabtei St. Maximin hervor. Durch Umbaumaßnahmen und Zerstörung ist jedoch nur noch ein Bruchteil der ehemaligen Architektur erhalten.
Frau Reifarth führte uns durch die unterirdisch erhaltene Grabanlage und stellte uns ihre Forschungen zur textilen Ausstattung der Gräber vor. Der Grabbau enthält über 1000 Sarkophage, die teilweise – wohl aus Platzmangel – in drei bis vier Lagen übereinandergeschichtet sind. So wurde das Bodenniveau innerhalb des Gebäudes mehrfach angehoben, damit sich die Verstorbenen trotz begrenzter Räumlichkeit weiterhin im Schutze der Heiligen und Märtyrer (ad sanctos) bestatten lassen konnten.
Die Porta Nigra
Nach dem Ausflug in die Unterwelt ging es zwischen mehreren Regenschauern durch die Stadt mit kurzem Zwischenstopp an der Porta Nigra zum Dom und dem Museum am Dom. Die Porta Nigra (lat. „Schwarzes Tor“) ist das am besten erhaltene römische Stadttor nördlich der Alpen und zählt zum UNESCO Weltkulturerbe. Das heutige Wahrzeichen der Stadt Trier wurde um 170 n. Chr. errichtet und bekam im Mittelalter seinen heutigen Namen auf Grund seiner schwarzen Färbung. Bei den ca. 7200 verbauten Steinen handelt es sich um Kordeler Sandstein aus der Trierer Region. An dem eigentlich hellen, gelblich-grauen Gestein bilden sich durch Korrosions- und Verwitterungsprozesse im Laufe der Zeit sehr dunkle, fast schwarze, Krusten aus. Noch viel mehr zur wechselvollen Geschichte dieses Wahrzeichens, das zeitweise auch als Kirchenbau und sogar freiwilliger Kerker des griechischen Eremiten Simeon diente, weiß das Stadtmuseum Simeonstift, direkt neben der Porta Nigra, zu berichten.
Der Heilige Rock
Im Museum am Dom hielt Museumsdirektor Markus Groß-Morgen für uns einen spannenden Vortrag zur wechselvollen Geschichte des Heiligen Rockes und die unmittelbar damit verbundene Baugeschichte des Trierer Domes, was auch in einem vom Museum produzierten Film „500 Jahre Heiliger Rock“ aufbereitet ist. Der Heilige Rock, der Überlieferung nach das Gewand Jesu, wird als Reliquie im Trierer Dom aufbewahrt. Die heilige Helena, Kaisermutter Konstantins des Großen, soll das besondere Gewebe im 4. Jahrhundert zusammen mit weiteren Reliquien von ihrer Pilgerfahrt aus Jerusalem nach Trier gebracht haben. Die erste Erwähnung der Reliquie findet sich jedoch erst im 12. Jahrhundert.
Im Verlauf der Jahrhunderte wurde die Reliquie stark überarbeitet bzw. in immer weitere kostbare Stoffe eingenäht. Als Kaiser Maximilian bei seinem Besuch in Trier 1512 die Reliquie sehen wollte, dauerte es ganze drei Wochen (!) bis diese ihm präsentiert wurde. Vermutlich zu diesem Anlass wurde eine Tunika – quasi als Reliquiar – zur Umfassung der eigentlichen Reliquie geschneidert, die den Vorstellungen eines Heiligen Rockes entsprach. Die ältesten Bestandteile der Reliquie, wahrscheinlich ein fragmentierter Wollstoff, befinden sich also tief im Inneren zwischen zahlreichen nachträglich hinzugefügten Textilschichten. Durch ungeeignete Konservierungsmethoden hat sich der ursprüngliche Zustand der Reliquie stark verändert, was heutige Untersuchungen deutlich erschwert. Zuletzt wurde die Tunika umfassend untersucht von Dr. Regula Schorta, Direktorin der Abegg Stiftung in Riggisberg.
Die Reliquie wird nur sehr selten der Öffentlichkeit im Rahmen der Heilig-Rock-Wallfahrten präsentiert, so dass auch wir nur den verschlossenen Schrein in der barocken Heiltumskapelle des Domes sehen konnten. Obwohl es sich bei dem Heiligen Rock nicht um das Gewand Jesu handeln kann, ist seine symbolische Bedeutung für das Christentum mit einer besonderen Botschaft verbunden: Der aus einem Stück gewebte Heilige Rock steht als Sinnbild der unteilbaren Einheit der Kirche. Ausführliche Informationen, historische Bilder und sogar ein Playmobil-Film zu dieser Reliquie sind auf der Webseite des Bistums Trier zu finden.
Die Konstantinische Deckenmalerei
Die sogenannte Konstantinische Deckenmalerei ist eines der besonderen Highlights im Museum am Dom und wiederum eng verbunden mit dem Trierer Dom. Die Fragmente der reichen Bemalung wurden bei Fundamentierungsarbeiten unter dem Trierer Dom gefunden. Der Überlieferung nach wurde der erste frühchristliche Kirchen- und Vorgängerbau des heutigen Doms auf dem Grundstück des Kaiserpalastes errichtet. Wieder die Kaisermutter Helena soll es laut Legende gewesen sein, die ihr Grundstück für diesen ersten Kirchenbau stiftete. Der Fund des Deckengemäldes könnte diese These stützen. Mit Sicherheit sind die Malereien als Bestandteil einer reich ausgestatteten Villa anzusehen. Stefan Schu, Restaurator im Museum am Dom, vermittelte uns spannende Einblicke in die Fund- und Restaurierungsgeschichte sowie technologische Details der Malereien. Ungefähr 30.000 Fragmente konnten nach mehr als zehnjähriger, mühevoller Puzzle-Arbeit wieder zusammengesetzt werden und sind nun als Wand- und Deckenmontage im Museum zu bestaunen.
Wenn sich die Gelegenheit bietet und das Wetter etwas mehr mitspielt, würden wir sofort wieder nach Trier fahren, da die Exkursion lehrreich und vielseitig war. Nur einen Bruchteil der antiken Stadt konnten wir an einem Tag erkunden. Im Juni 2022 eröffnet übrigens in allen drei großen Trierer Museen die Landesausstellung zum „Untergang des Römischen Reiches“, in der auch die Ergebnisse unseres aktuellen Lehrforschungsprojekts zu den Grabtextilien des Hl. Paulinus präsentiert werden.
Sarah Harder, Johanna Gerling, Paulina Lambeck und Helene Schönbach
Februar 2022