Prof. Dr. Ricarda Rolf

Wirtschafts- und Rechtswissenschaften
Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften (WI)

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OECD-Studie: Frau, deutsch, alt - die Schlusslicht-Perspektive

Frauen verdienen weniger als Männer und arbeiten häufiger in Teilzeit: Die Rentenlücke ist in Deutschland im Vergleich zu den anderen insgesamt 30 Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am größten.

Das zeigt die in Berlin präsentierte neue OECD-Studie "Renten auf einen Blick 2019".
Demnach ist die Rente bei Frauen über 65 heute im Schnitt um 46 Prozent niedriger als bei Männern. In den Niederlanden sind es 42 Prozent, in Österreich 39, in Frankreich 33 und im OECD-Schnitt 25 Prozent. Am geringsten ist diese Lücke mit zwei Prozent in Estland.
"Deutschland ist Schlusslicht", sagte die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik, Monika Queisser.
Das kommt nicht aus dem Rentensystem, sondern aus dem Arbeitsmarkt."
So arbeiten Frauen in Deutschland besonders häufig in Teilzeit und erwerben dadurch geringere Ansprüche. Aber auch die großen Lohnunterschiede seien dafür mitverantwortlich. So liege der Lohnabstand zwischen Frauen und Männern über dem Schnitt der OECD-Industriestaaten: Dem Statistischen Bundesamt zufolge beträgt er 21 Prozent.

Dies alles führe dazu, "dass zukünftige Rentenansprüche von Frauen voraussichtlich weiterhin hinter denen von Männern zurückbleiben werden", schreibt die OECD. Die Gefahr von Altersarmut sei daher groß.
Davon könnten künftig mehr Menschen bedroht sein, insbesondere diejenigen mit atypischen Arbeitsverhältnissen oder unterbrochenen Erwerbsbiografien wie etwa Alleinerziehende.
Sorgen macht sich die OECD auch über die Absicherung vieler Selbstständiger mit geringem Einkommen in Deutschland - insbesondere von Menschen, die über Internetplattformen beschäftigt sind.
Die Absicherung über die gesetzliche Rente für Selbstständige sei in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten besonders niedrig, sagte Queisser. Wenn jemand aber in der aktiven Zeit ein hohes Armutsrisiko durch atypische Beschäftigung habe, werde sich dies im Alter wahrscheinlich verstärken.

Geringverdiener bekommen in Deutschland im Alter einen kleineren Teil ihres Gehalts durch die Rente ersetzt als in den anderen Industriestaaten. Sie können nur mit einer Ersatzrate von 56 Prozent rechnen, während es im Durchschnitt der Mitgliedstaaten 68 Prozent sind.
Die von der Großen Koalition geplante Grundrente könnte das Problem zum Teil abmildern, das Problem der Altersarmut aber nicht grundsätzlich lösen, schreiben die Experten.
Die vorgesehene Leistung werde die Rentenaussichten einiger Geringverdiener verbessern, aber nicht das "Altersarmutsrisiko von Geringverdienern mit größeren Karriereunterbrechungen" angehen. Letzteren fehlt es an den erforderlichen Beitragszeiten für die Auszahlung der Grundrente.

Die OECD-Studie hebt für Deutschland auch positive Aspekte hervor: So gebe es hier mehr ältere Menschen in Beschäftigung als in den anderen Industrienationen. Der Anteil der Menschen zwischen 55 und 64 Jahren, die noch erwerbstätig sind, sei seit der Jahrtausendwende von 37 auf 71 Prozent gestiegen. Deutschland sei bei der Erhöhung der Beschäftigungsrate in dieser Altersgruppe führend.

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