Jean Milan Debus - University of Iceland (Háskóli Íslands)

2015-jmd-impressions6 (Bild: Jean Milan Debus)

Reykjavik, Island - 2015


Erfahrungsbericht | Jean Milan Debus | 2015

Ursprünglich wollte ich eigentlich nur nach Skandinavien, in erster Linie wegen der Landschaft. Da zuerst keine Partnerhochschule in diesen Ländern für meine Fachrichtung vorhanden war, dachte ich schon darüber nach ein neues Agreement "anzuleiern". Allerdings hatte ich schon im zweiten Semester beschlossen, dass ich im fünften weggehen möchte und hatte so noch etwas Zeit. Gegen Ende des zweiten Semesters tauchte dann auf einmal Island als Land mit Partnerhochschule auf der Seite des International Offices auf. Damit war die Sache für mich klar: Ich gehe nach Island!

Ich nahm also direkt Kontakt zum International Office auf, war allerdings noch etwas früh. Einige Stipendien lassen sich nur einmal im Jahr beantragen, deshalb macht es grundsätzlich Sinn sich früh genug Gedanken zu machen.

Ich erkundigte mich auf der Internetseite der Hochschule in Island und fand heraus dass die Kurse, welche meinem Studiengang entsprechen, im Bachelor nur auf Isländisch unterrichtet werden. Über meinen Bruder, der an der Uni in Köln studiert, fand ich einen Isländisch Kurs. Ich ging also zu dem Kurs, erklärte meiner Dozentin warum ich Isländisch lernen wollte und durfte teilnehmen. Ich lernte also ab September 2014 Isländisch.

Ab Januar 2015 nahm ich dann wieder Kontakt zum International Office auf um mich über die weiteren Schritte zu informieren und sprach mit sämtlichen Professoren der FH die mehr oder weniger für Island zuständig waren. Ab Januar war ich dann auch offiziell nominiert.

Danach bekam ich auch recht bald eine Email aus Island, in der ich meine Kurswahl angeben und meine Bewerbungsdaten ergänzen musste. Dazu wurde man dann in eine facebook-Gruppe eingeladen welche speziell für Austauschstudenten an der Háskoli Íslands eingerichtet ist.
Da die Isländer nicht so weit in die Zukunft planen, sind mache Nachrichten und Fristen recht knapp gesetzt, so dass ich nur empfehlen kann, regelmäßig nach Updates auf der Bewerbungsseite zu schauen. Etwa einen Monat bevor ich fliegen wollte bekam ich dann die Info, dass es mir nicht erlaubt ist, nur isländische Kurse zu belegen, und dass das verantwortliche Komitee bis Anfang Januar erst mal im Urlaub ist.
Ich habe daraufhin mit dem International Office geschrieben, welches mir die Info nochmal bestätigte und mir eine Liste mit englischen Kursen schickte. Ich erstellte also eine neue Liste von Kursen, diesmal auf Englisch. Meine Kurswahl stimmte ich auch stets mit dem verantwortlichen Professor meiner Fakultät ab.

Da die Semester in Island zeitlich etwas verschoben sind zu unseren (Herbst- und Frühlingssemester), verzichtete ich im vierten Semester darauf Klausuren zu schreiben, widmete mich der isländischen Sprache und der Vorbereitung, und buchte meinen Flug für Anfang August. Der Flug dauerte etwa dreieinhalb Stunden und ich erreichte die Insel damit gegen 22Uhr Ortszeit.
Während es in Deutschland noch etwa 20°C waren, waren es hier in etwa 5°C.
Nach jedem ankommenden Flug fährt ein Bus nach Reykjavik (ca. 50km).

Was die Wohnungssuche betrifft gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen sendet die Uni in Island eine Liste von Wohnungs- und Zimmerangeboten. Allerdings ist die Erfolgsquote hier relativ gering und die Zimmer zum Teil recht teuer. Auf der facebook- Seite ist die Wahrscheinlichkeit größer, nützliche Tipps zu bekommen oder sogar eine WG zu finden. Weiterhin gibt es die facebook- Gruppe „leiga“ (mieten auf isländisch) über die ich mein Zimmer gefunden habe.

Auch wenn das Wetter verhältnismäßig gut war mit viel Sonne und wenig Wind und Regen stieg die Temperatur tagsüber doch nicht weiter als max. 15°. Ab September/Oktober wurde es dann sehr wechselhaft mit teilweise -9°, Schnee, Sturm und wieder Sonne. Die Tage wurden immer kürzer, was ebenfalls ein bisschen aufs Gemüt schlug - alles in allem aber erträglich. Zu empfehlen sind auf jeden Fall dicke Handschuhe, Mütze und dicke Socken. Weiterhin ein Raincover für den Rucksack, eine ordentliche Regenjacke und vielleicht eine Regenhose. Ich bin allerdings auch ohne Regenhose ausgekommen und ich bin die ganze Zeit über ausnahmslos mit dem Fahrrad unterwegs gewesen (welche recht günstig zu mieten aber auch gebraucht zu kaufen sind).

Nach meiner Ankunft nahm ich so schnell wie möglich Kontakt zum International Office der Uni in Island auf, um die Missverständnisse bezüglich meiner Kurswahl auszuräumen. Diese schickten mich dann in das Büro meiner Fakultät. Ich erfuhr dort, dass ich bezüglich der isländischen Kurse auch Kontakt zu den Professoren aufnehmen konnte, und ich die Kurse belegen darf sofern diese zustimmen. Schlussendlich hatte ich einen bunt zusammen gewürfelten Haufen an Kursen aus sämtlichen verschiedenen Fakultäten, was aber scheinbar recht unproblematisch für die Gasthochschule war.

Weiterhin ist es ein Unterschied, ob man sich für ein oder zwei Semester bewirbt. Bei einem reicht die Anmeldung an der Uni, bei zwei Semestern muss man darüber hinaus eine „kennitala“ beantragen, was etwa einer Identifikationsnummer gleich kommt, und welche man benötigt um ein Konto zu eröffnen oder eine Arbeit anzunehmen. Informationen dazu erhält man allerdings vorher über das International Office.

In der Einführungswoche gab es einige Veranstaltungen, an denen man auch andere Austauschstudenten kennen lernen konnte und mit „ugla“, dem Intranet der Hochschule, vertraut gemacht wurde. Einige Vorlesungen begannen bereits in dieser Woche. Jeder Kurs erforderte über das Semester verschiedene Hausaufgaben, weshalb es recht wichtig ist die ersten Vorlesungen nicht zu verpassen, da diese Hausaufgaben schon einen bestimmten Prozentsatz der Endnote ausmachen.
Die Vorlesungen waren alle sehr verständlich und weitestgehend gut organisiert. Alle erforderlichen Informationen erhält man über ugla. An der Uni gibt es jede Menge Lesesäle, wo man normalerweise auch einen Platz findet. Man kann sich für wenig Geld einen Spind mieten, wenn man nicht immer alles hin und her schleppen möchte. Außerdem bekommt man am Anfang einen „Buddy“ an die Hand, also einen isländischen Studenten der einem Fragen beantworten oder nützliche Tipps geben kann.

Am Hauptcampus gibt es ein Fitnessstudio, und die Uni organisiert immer wieder kleine Exkursionen in der Umgebung Reykjaviks, bei denen man sich gut anschließen kann. Die Innenstadt ist zwar recht klein, aber im Laugarvegur, der „Einkaufsstraße“, ist abends immer etwas los. Allerdings schließen alle Bars um 1Uhr. Wer zum Wintersemester kommt kann sich auf „Iceland Airwaves“ freuen, ein Musikfestival, welches (über die ganze Stadt verteilt) nationale wie auch internationale Künstler bietet, und bei dem es sich definitiv lohnt dabei zu sein.
Wer auch Interesse am Wandern hat oder sich Orte im inneren der Insel anschauen möchte, sollte versuchen so viel wie möglich in der Anfangszeit zu machen, da einige Stellen ab Mitte September nicht mehr erreichbar sind (oder zumindest keine Buslinien mehr dorthin fahren). Ich kann einen Trip ins Innere nur empfehlen, da die Landschaft wirklich wahnsinnig abwechslungsreich und unvergleichlich schön ist.

Mein Fazit: Die Zeit hier in Island war unglaublich ereignisreich, spannend und gefüllt mit einer Menge neuer Eindrücke und Erfahrungen. Ich bin sehr wehmütig, nach dem einen Semester gehen zu müssen. Wenn möglich, sind zwei Semester definitiv die bessere Wahl. Auch wenn meine Isländisch Kenntnisse im Endeffekt nicht ausreichend waren um meinen Aufenthalt zu verlängern, habe ich doch das Gelernte festigen und meine Englisch Kenntnisse stark verbessern können. Außerdem hat das gelernte Isländisch sehr geholfen, die Abläufe zu verstehen, sich zurechtzufinden und Sympathie gegenüber den Einheimischen zu erhalten.

Island ist ein tolles Land und auf jeden Fall ein oder zwei Semester wert!

März 2016


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