Evaluation von räumlich gestaltenden, wohnungswirtschaftlichen und sozialplanerischen Maßnahmen
in zwei deutschen Großsiedlungen: Köln-Kölnberg und Dortmund-Clarenberg
Der Zusammenhang von Sicherheit und Stadtgestaltung wird in Deutschland seit den 90er Jahren thematisiert. Aus Nordamerika wurden erprobte Planungsansätze wie der „Schutz bietende Raum“ (defensible space) und wie die „kriminalpräventive Siedlungsgestaltung“ (crime prevention through environmental design) adaptiert. Damit verlagerte sich die Perspektive von täterorientierten zu situationsorientierten Präventionsmaßnahmen, die an den Tatgelegenheitsstrukturen ansetzen. Welche Auswirkungen städtebauliche Kriminalprävention auf die Entwicklung von Kriminalität und Kriminalitätsfurcht hat, ist in Deutschland bislang nur ungenügend erforscht worden. Es kann lediglich auf Ergebnisse von Wirkungsstudien aus Nordamerika und europäischen Nachbarländern wie den Niederlanden oder Großbritannien zurückgegriffen werden, wobei deren Übertragbarkeit auf die deutschen Verhältnisse fraglich ist.
Ebenfalls seit Anfang der 90er Jahre gewinnen kooperative Sicherheitsstrategien auf der lokalen Ebene an Bedeutung. Damit folgt man hierzulande einem Trend, der in den USA und in Skandinavien schon weit fortgeschritten ist. In den USA hat die Polizei den lokalen Präventionsansatz als erste aufgegriffen und mit „community policing“ einen Stein ins Rollen gebracht, der den Weg über den Atlantik nach Europa gefunden hat. Aus den skandinavischen Ländern übernahm man die Idee kommunaler Präventionsgremien, in denen die Akteure ihre lokalen Präventionsaktivitäten bündeln und abstimmen sowie gemeinsame ressort- und institutionenübergreifende Präventionskonzepte entwickeln und umsetzen. Deren Maßnahmen, zu denen auch städtebauliche Kriminalprävention gehören, sind erst seit kurzem Gegenstand erster wissenschaftlicher Evaluationen geworden.
Das Forschungsvorhaben möchte diese beiden vergleichsweise jungen Phänomene in der lokalen Sicherheitspolitik näher untersuchen. Das soll anhand einer Fallstudie von zwei Großsiedlungen in zwei deutschen Großstädten geschehen. Im Dortmunder Stadtteil Clarenberg und im Kölner Stadtteil Kölnberg wurden städtebauliche, wohnungswirtschaftliche und sozialplanerische Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und Wohnzufriedenheit initiiert und umgesetzt. Durch den Vergleich der beiden Großsiedlungen wird nun zum Ersten festgestellt, inwiefern die ergriffenen Präventionsmaßnahmen einen Beitrag zur Minderung der Kriminalität und der Kriminalitätsfurcht leisten konnten. Zum Zweiten erfolgt eine Analyse der neuen akteursspezifischen Interaktionsmuster und der institutionellen Arrangements im Handlungsfeld der lokalen Sicherheitspolitik.
- Welche Auswirkungen hat die städtebauliche Kriminalprävention auf die Entwicklung von Kriminalität und Kriminalitätsfurcht?
- Können kooperative Sicherheitsstrategien auf der lokalen Ebene einen Beitrag zur Kriminalprävention leisten?
- Welche Prozesse sind zu beobachten, mit denen die soziale Entwicklung und die Kriminalitätsentwicklung beeinflusst werden?
- Wie lassen sich positive Erfahrungen aus einem Stadtteil auf einen anderen übertragen?
Das Forschungsvorhaben ist zwischen sozialwissenschaftlicher Evaluationsforschung und prozessorientierter Policyforschung anzusiedeln und verbindet qualitative und quantitative Methoden. Durch die Evaluation und die Analysen soll schließlich ein Modell entwickelt werden, mit dessen Hilfe in Zukunft die Wirkungen und die Wirksamkeit städtebaulicher Kriminalprävention effektiv, präzise und zuverlässig ermittelt werden kann. Um ein solches Modell auf ein solides empirisches Fundament stellen zu können, ist ein Ansatz erforderlich, der möglichst viele qualitative und quantitative Methoden der Datenerhebung und -auswertung miteinander kombiniert. Dazu gehören
1. fotografische Dokumentation der sozial räumlichen Situation (Systematic Social Observation)
2. Sekundäranalysen von kommunalen, wohnungswirtschaftlichen und polizeilichen Sozial-, Geschäfts- und Kriminalstatistiken,
3. Dokumentenanalysen von Planungsunterlagen, polizeilichen Einsatzberichten, Protokollen lokaler Arbeitskreise, (Präventions-) Gremien etc.,
4. leitfadengestützte Interviews mit professionellen Stadtteilakteuren,
5. standardisierte Haushaltsbefragung nach dem Standardinventar zur Durchführung kommunaler Opferstudien,
6. leitfadengestützte Interviews mit Alt-, Neu- und ehemaligen Bewohnern,
7. Netzwerkanalyse des Zusammenwirkens der lokalen Akteure für die Entwicklung der untersuchten Siedlungsbestände.
Auf einen Blick
Kategorie | Beschreibung |
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Forschungsprojekt | Evaluation von räumlich gestaltenden, wohnungswirtschaftlichen und sozialplanerischen Maßnahmen |
Leitung | Prof. Dr. Herbert Schubert Mehr |
Fakultät | Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften Mehr |
Institut | Forschungschwerpunkt Sozial · Raum · Management Mehr |
Beteiligte | Holger Spieckermann, Katja Veil |
Projektpartner | Andre Kaiser (Uni Köln) Mehr |
Fördermittelgeber | RheinEnergie Stiftung Jugend/ Beruf, Wissenschaft Mehr |
Laufzeit | 2007 bis 2009 |