Bildungswerkstatt

Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften
TH Köln
Campus Südstadt
Ubierring 48, 50678 Köln

Kontakt

Kathrin Meiners

Angewandte Sozialwissenschaften
Institut für Kindheit, Jugend, Familie und Erwachsene (KJFE)

  • Campus Südstadt
    Ubierring 48
    50678 Köln
  • Telefon+49 221-8275-3851

Bilderbücher

Man kann das zunächst unter dem Gesichtspunkt der künstlerischen Selbsterfahrung betrachten. Gleichgültig, ob man dabei mehr an ein "bildendes" Studium oder an eine Ausbildung zu Kindheitspädagog*innen denkt: In beiden Fällen ist es plausibel, künstlerische Auseinandersetzungen in und mit verschiedenen Medien anregen zu wollen. Wenn beispielsweise Kindertagesstätten auch als Orte kultureller Bildung verstanden werden sollen, stellt sich unmittelbar die Frage, welchen Beitrag die Pädagog*innen dabei leisten können. Auch wenn man nicht davon ausgehen mag, dass dieser Beitrag die Form von Vermittlung oder gar Unterweisung annehmen kann oder soll, wird man kaum behaupten wollen, dass die ästhetische Bildung der Pädagog*innen in dieser Frage ohne Bedeutung ist.

Ganz weit entfernt von künstlerischer Selbsterfahrung im Sinne eines bloßen kriterienlosen Ausprobierens und Herumspielens mit dem literarischen Medium hat sich die Bildungswerkstatt in Form einer Literaturwerkstatt – ein Format, das einen großen Teil der Seminarzeit eingenommen hat. Die zu Hause verfassten Texte wurden von den Autor*innen der Gruppe vorgelesen und im ersten Schritt als Literatur diskutiert. Hier ging es um allgemeine ästhetische und spezielle literarästhetische Fragen, die – wie man das von Pädagog*innen nicht anders erwartet – zwar sehr wertschätzend und vorsichtig besprochen wurden, aber nicht ohne Wirkung blieben, wie die zahlreichen Revisionen der Texte beweisen.

Seminar "Bilderbücher": Weltenwesen zwischen Meeresgrund und Wolkenreich
Seminar "Bilderbücher": Weltenwesen zwischen Meeresgrund und Wolkenreich (Bild: Kathrin Meiners)
Die Bildungswerkstatt "Kinderbücher" hat allerdings neben der künstlerischen Selbsterfahrung, bzw. Selbstbildung zwei weitere, keineswegs nachrangige Dimensionen: eine analytisch/kritische und eine didaktische. Unmittelbar im Anschluss an die literarische Besprechung der Texte, wurden diese inhaltlich analysiert. Inhaltlich heißt hier vor allem: soziologisch, anthropologisch, pädagogisch, philosophisch und  psychologisch. Schließlich offenbarten die Geschichten Konstruktionen von Welt, Gesellschaft, Kindheit, Familie und Lebenslagen und gaben ihre Antworten auf die jeweilige Situation der Protagonist*innen in ihrer Narration. Die »Situation« als die Einheit der Unterscheidung von Faktizität und Freiheit wurde dabei zum analytischen Schlüsselbegriff. Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen für die Subjekte – meist Kinder oder Figuren als Identifikations- oder Projektionsfolie für die Lesenden? Wie hoch wird deren Freiheit veranschlagt und wodurch ist sie limitiert (ihr Alter, knappe Ressourcen, Widrigkeit der Welt, Normen, Unvermögen, Unwissen, Irrationalität)? Die oft impliziten (normierenden und normalisierenden) Vorstellungen hierzu wurden zunächst transparent gemacht, indem die abstrakte Strukturebene der Erzählungen herausgearbeitet wurde. Die sich dann in ihrer Generalisierbarkeit, bzw. Übertragbarkeit zeigenden Problemlösungsstrategien der Handelnden wurden in der Diskussion nicht selten pädagogisch substantiell hinterfragt, was in einigen Fällen auch zu einer Überarbeitung des Handlungsverlaufs führte. Die Herausforderungen, die verhandelt und narrativ ausgehandelt werden, sind allerdings nicht abstrakt, sondern rufen ganz konkrete "Themen" auf, z. B.: Angst, Krankheit, Traum, Obdachlosigkeit, Adoption, Freundschaft, Alter, Macht, Verantwortung und Enttäuschung. Auf der Grundlage einer theoretischen Erörterung dieser Themen stellten sich wiederum Rückfragen an die beschriebenen Situationen und nicht zuletzt daran, wie die jeweiligen narrativen Konstruktionen pädagogisch zu bewerten sind. Ob sowohl die Freiheit der Handelnden als auch die verschiedenen Formen von Faktizität (Widrigkeiten der Welt und Limitationen und Kontingenzen der Subjekte) anerkannt wurden, stand dabei oft im Mittelpunkt der pädagogischen Beurteilungen.

Diese Analysen und Reflexionen sollen im kommenden Semester aufgearbeitet und weitergeführt werden – nicht zuletzt, da das große didaktische Potential dieser Arbeit offensichtlich geworden ist. Die vorliegende Ausgabe lädt dazu ein, die skizzierten Fragen an die Texte heranzutragen und auf sie nicht nur als Literatur für Kinder zu begreifen, sondern auch als Aufforderung zum Nachdenken über die jeweiligen Situationen in einem erziehungswissenschaftlichen Sinne. Schließlich ist Literatur für Kinder auch immer Literatur über Kinder und Kindheit.

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