Digitale Technologien und Soziale Dienste

Forschungsschwerpunkt DiTeS
TH Köln
Campus Südstadt
Ubierring 48, 50678 Köln

Call for Papers "Apps & Co zwischen Lenkung und Selbstermächtigung" - Interdisziplinäre Tagung 2017

Unter dem Titel „Apps & Co zwischen Lenkung und Selbstermächtigung“ ruft der interdisziplinäre Forschungsschwerpunkt DiTeS zu Beiträgen für seine Tagung am 24. und 25. November 2017 auf.

Ziel der Tagung ist es, die Nutzung digitaler Technologien zu sozialen Zwecken mit Blick auf das Spannungsfeld von Lenkung und Selbstermächtigung oder auch Hilfe und Kontrolle aus verschiedenen Disziplinen wie bspw. der Informatik, der Philosophie oder der Sozialen Arbeit heraus zu reflektieren.

Apps & Co zwischen Lenkung und Selbstermächtigung

Interdisziplinäre Tagung am 24. und 25. November 2017, TH Köln

Apps, die jeden Schritt nachhalten; Apps, die Schulkinder an die Hausaufgaben erinnern und den Eltern zeigen, wie lange ihre Kinder dafür gebraucht haben; Apps, die Essgestörte zu Mahlzeiten ermahnen. Digitale Anwendungen, die Sozialarbeiter*innen und ihren Klient*innen anzeigen, wie sich diese entwickelt haben und wie weit man bei der Zielerreichung schon vorangekommen ist; Programme, die die Integration von Geflüchteten unterstützen sollen: Der Einfluss digitaler Technologien auf unsere persönliche Lebensführung und damit auch auf die Gestaltung unseres sozialen Miteinanders ist hier nicht nur Nebeneffekt, wie er häufig beim Gebrauch digitaler Medien zu beobachten ist, sondern er ist intendiert und häufig sogar primäres Ziel. Aber wie weit reicht dieser Einfluss, und wie ist er zu bewerten?

Ziel der Tagung ist es, die Nutzung digitaler Technologien zu sozialen Zwecken mit Blick auf das Spannungsfeld von Lenkung und Selbstermächtigung oder auch Hilfe und Kontrolle aus verschiedenen Disziplinen wie bspw. der Informatik, der Philosophie oder der Sozialen Arbeit heraus zu reflektieren. Dieses Spannungsfeld reicht vom verheißungsvollen Einsatz digitaler Technologien zur Unterstützung individueller Präferenzen oder der Kompensation vermeintlicher Willensschwächen auf der einen Seite bis hin zum verordneten Einsatz, der die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen empfindlich beschneidet. Es sollen theoretische, analytische und empirische Perspektiven darauf entwickelt und diskutiert werden, die das Verhältnis von Anpassung, Normalisierung und Lenkung auf der einen und Stärkung von Autonomie, (Selbst-)Bildung und Selbstermächtigung des Individuums auf der anderen Seite ausleuchten.

Digitale Technologien bieten sowohl aus der Perspektive der Lenkung als auch aus der der Selbstermächtigung ganz neue Möglichkeiten, da sie immer mehr Aspekte unseres Verhaltens aufzeichnen und unmittelbar darauf reagieren können. Zum Tragen kommt dies u.a. auch in den zahlreichen Feldern, auf denen wir mittels Apps eine Selbstvermessung vornehmen und – häufig im Abgleich mit den kollektiv erzeugten Daten von anderen – an unserer Selbstoptimierung arbeiten. Digitale Technologien bieten hier neuartige Möglichkeiten für die Steuerung oder (schwächer:) Beeinflussung gesellschaftlicher Entwicklungen im Sinne einer Prävention von unerwünschten Verhaltensweisen – oder anders formuliert: der Ermöglichung positiver Veränderungen von Individuen. Weitere Optionen ergeben sich durch Nutzungsszenarien, in denen mit Big Data oder Künstlicher Intelligenz Technologien genutzt werden, um zu (vermeintlich) guten Zwecken auf unser Verhalten einzuwirken oder uns Spielräume der Selbstbestimmung zu eröffnen.

Solche Anwendungen können auf soziale Verhaltensänderungen auf individueller Ebene (Mikro-Perspektive) oder auf das soziale Miteinander auf gesellschaftlicher Ebene (Makro-Perspektive) zielen. Die Tagung greift damit auch aktuelle Debatten um ‚Nudging‘ und ‚Positive Computing‘ auf. Unter Positive Computing wird eher allgemein die Nutzung digitaler Technologien für positive gesellschaftliche Ziele verstanden – dabei wäre zu diskutieren, nach welchen Kriterien ein Ziel als positiv zu bewerten wäre. Nudging hingegen zielt darauf ab, Anreize zu geben, die die NutzerInnen hin zu einem intendierten Verhalten ‚stupsen‘ bzw. ,schubsen‘. Nudging mittels digitaler Technologien wie Apps etc. kann also als – auf den ersten Blick häufig gut gemeinte oder gemeinwohlorientierte – Lenkung des Individuums verstanden werden.

Für Beiträge zur Tagung sind unterschiedliche Abstraktionsebenen möglich: Es können sowohl auf einer sehr konkreten und praktischen Ebene Projekte, Umsetzungen etc. in den Blick genommen werden, als auch eher analytisch einzelne Aspekte und Facetten des Spannungsfeldes diskutiert werden. Ausdrücklich gewünscht sind dabei unterschiedliche disziplinäre Perspektiven auf das Thema. Die Beiträge sollten so gestaltet werden, dass möglichst wenig disziplinäres Spezialwissen vorausgesetzt wird und so die Argumentation der Beiträge auch für ‚Disziplinfremde‘ nachvollziehbar ist.

Fragen, die im Kontext der Tagung diskutiert werden könnten, sind bspw.:

  • Wo und wie zeigen sich in konkreten Umsetzungen Ambivalenzen von ‚Lenkung‘ und ‚Selbstermächtigung‘?
  • Welche gesellschaftlichen Praktiken sind im Zusammenhang damit zu beobachten? Wie sind diese zu bewerten? Unter welchen Voraussetzungen dürfen oder  sollten solche Praktiken etabliert werden?Welche AkteurInnen agieren hier und mit welchen Zielsetzungen?
  • Welche gesellschaftlichen Gruppen werden jeweils adressiert?
  • Welche neuen Formen der Nutzung digitaler Technologien im beschriebenen Sinne sind im Kontext von Sozialer Arbeit, Therapie, Sozialpolitik oder weiterer wohlfahrtsstaatlicher Felder zukünftig denkbar? Welche Chancen, Risiken und Gefahren wären damit verbunden?
  • Wer kann bzw. sollte als gesellschaftlicher Akteur Verantwortung für eine weitere Ausgestaltung digitaler Technologien in dem hier diskutierten Sinne übernehmen?
  • Welche wissenschaftlichen Disziplinen müssten hier eine Reflexionskompetenz ausbilden? Informatik? Soziale Arbeit? Kommunikations- oder Medienwissenschaften? Andere? Oder kann das nur quer zu den disziplinären Zugängen gelingen?
  • Welche Institutionen außerhalb des Wissenschaftssystems wären hier gefragt? Braucht es ggf. neue Institutionen oder neue Formen der Regulation?

Beitragsformate

Bei der Tagung sind sowohl theoretisch-analytische und empirisch-forschungsbezogene Beiträge von ca. 20 bis 30 Minuten, als auch die Demonstration konkreter Anwendungen bzw. die Vorstellung entsprechender Entwicklungsvorhaben gewünscht. Auch andere geeignete Beitragsformate können mit der Einreichung vorgeschlagen werden.

Die Tagungssprache ist deutsch, englischsprachige Beiträge sind ebenfalls möglich.

Die angenommenen Beiträge können in einem peer-reviewten Themenband veröffentlicht werden. Es können auch abstracts nur für die Publikation (ohne Tagungsteilnahme) eingereicht werden.

Bitte senden Sie Ihr Abstract (ca. 2000 - 3000 Zeichen inklusive Leerzeichen, exklusive Literaturquellen) sowie eine halbe Seite mit Adressangaben und akademischem Kurz-CV bis zum 10.6.2017 an: dites@th-koeln.de. Eine Rückmeldung über die Annahme des Beitrags erfolgt Anfang Juli.

Organisation: Prof. Dr. Carmen Kaminsky, Prof. Dr. Udo Seelmeyer, Prof. Dr. Petra Werner Forschungsschwerpunkt ‚Digitale Technologien und Soziale Dienste’ (DiTeS)

Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei möglich.

Für eine optional zu buchende Tagungsverpflegung wird ein Kostenbeitrag erhoben.

Alle weiteren Informationen zur Tagung finden Sie unter www.th-koeln.de/dites-tagung-2017

Dort werden auch sukzessive Informationen zur Tagung und den Tagungsbeiträgen bereit gestellt.

März 2017

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